Kapitel 4: Kurznasenbär 1
Lisa W. Nelson arbeitet am Mammut Friedhof, The Mammoth Site of Hot Springs, Süd Dakota, 1994. Sie schreibt über den großen Kurznasenbären in Mammoth Graveyard (1994):
„Der riesige Kurznasige Bär, Arctodus simus, war das größte Raubtier der Eiszeiten, gemäß den Experten Björn Kurtén und Elaine Anderson. Zuerst dacht man, dies sei ein Fleischfresser, der nur von Fleisch lebt. Jetzt nehmen die Forscher an, dass Arctodus simus alles gefressen hat, Fleisch und Pflanzen, wie die Bären heute. Wir haben im Jahr 1992 festgestellt, dass Arctodus simus ein Aas fressendes Raubtier war.
Der große Kurznasige Bär erhielt seinen Namen, weil seine Schnauze im Vergleich zu der Länge seines Kopfes recht kurz ist. Und er war ein Riese. Wenn er auf allen vier Füßen stand, hatte er eine Schulterhöhe von knapp fünf Fuß (152 cm). Dieser Bär wog fast 1,400 Pfund (635 kg). Er war mindestens 25 bis 30 Prozent schwerer als der heutige Grizzly.
Mit seinen ungewöhnlich langen Beinen konnte der Kurznasenbär schnell laufen. Arctodus simus sah recht schlank aus. Daher ähnelte er mehr einer Katze als einem Bären. Auch sein Gesicht ähnelte mehr dem einer Katze.“ (1994:11)
Großer Kurznasenbär Arctodus simus. Von: Lisa W. Nelson, Mammoth Graveyard (1994:11)
Kurznasenbär, der einen Steppebison im Yukongebiet angreift. Nach: John Storer Discover Beringia
Kurznasenbär im Yukongebiet. Nach: John Storer, Discover Beringia
Beringian Research Notes 1996 Nr. 4. Nordamerikaner Kurznasenbär von C. R. Harington, Kanadisches Museum der Natur, Ottawa, Kanada:
„Die nordamerikanischen Kurznasenbären (Arctodus simus und Arctodus pristinus), nennt man manchmal auch ‚Bulldoggen-Bären’. Sie waren die größten Fleisch fressenden Tiere, die auf dem Land lebten, in Nordamerika während der Eiszeit (Quartär, die letzten zwei Millionen Jahre). Sie waren ungewöhnlich groß und lebten vorwiegend von Fleisch. Sie besiedelten Nordamerika, von Alaska und dem Yukon bis nach Mexiko und von der pazifischen bis zu atlantischen Küste.
Von den beiden Arten des nordamerikanischen Kurznasenbären war der riesige Kurznasenbär (Arctodus simus) der größte (Tabelle 1). Der größte Schädel, den man bis jetzt kennt, stammt aus dem Yukon. Dieser Bär unterscheidet sich vom kleineren Kurznasenbären (Arctodus pristinus) wie folgt: Er ist größer, schwerer und breiter. Seine Backenzähne haben größere Kronen und sie stehen dichter beisammen; sein Gesicht ist kürzer und seine Beine sind verhältnismäßig lang. Die größten Tiere waren fast 1,5 m hoch, wenn sie normal gingen. Und wenn sie aufrecht auf den Hinterbeinen standen, waren sie ungefähr 3,4 m hoch. Wenn sie aufrecht standen und ihre Vorderbeine hoch reckten, erreichten sie eine Höhe von über 4,3 m.
Der große Kurznasenbär war zwar viel größer als der Braunbär (Ursus arctos), war aber viel leichter gebaut (Tabelle 2). Seine Glieder, besonders die Hinterbeine, waren länger und schlanker. Im Herbst wog der große Kurznasenbär (wenn er fett ist), etwa 700 kg. Das hat man anhand des Durchmessers des oberen Hinterbeinknochens (Femur) errechnet. Der größte Eisbär (Ursus maritimus) in Kanada, den man bis jetzt kennt, wog 660 kg.
Das Gesicht des Arctodus simus war ungewöhnlich, denn es hatte keine gut ausgeprägte Stirn. Und seine Schnauze war so kurz und breit, dass sie eher der eines Löwen ähnelte, als der eines heute lebenden nordamerikanischen Bären. Auffallend beim größten Schädel, vom Gold Run Creek, im Yukon, ist seine große Breite im Vergleich zu seiner Länge (fast 80%), im Vergleich zu den heutigen Braun-, Schwarz- und pleistozänen Höhlenbären [Ursus spelaeus], die alle weniger als 70% sind. Die Backenmuskeln, zwischen den breiten Backenknochen, waren sehr gut entwickelt, wie man das bei einem Bären erwartet, der vorwiegend von Fleisch lebt. Vielleicht konnte er mit seinem Gebiss sogar Röhrenknochen aufbrechen, um an das Mark zu gelangen.
Die einzelnen Bären sind verschieden in ihrer Größe. Und das Männchen ist größer als das Weibchen, wie man das auch bei anderen Tierarten antrifft. Die meisten nordamerikanischen männlichen Bären, die heute leben und erwachsen sind, sind ungefähr 20% größer als die Weibchen. Und auch bei Arctodus gab es diese Unterschiede. Die Kurznasenbären von Alaska, dem Yukon, Kalifornien (Irvington) und vielleicht Utah, von denen die meisten wahrscheinlich Männchen sind, sind viel größer als die größten Kurznasenbären in Rancho La Brea (Los Angeles, Kalifornien) und anderen Fundstellen. Deshalb betrachtet man sie als eine Unterart (Arctosus simus yukonensis), im Gegensatz zu der kleinere Form (Arcodus simus simus).
Der riesige Kurznasenbär besiedelte offenbar höher gelegenes, gut entwässertes Grasland, hauptsächlich westlich vom Mississippi Fluss. Der kleinere Kurznasenbär bevorzugte offenbar feuchtere Gebiete, die dichter bewaldet waren, an der Ostküste. Der große Kurznasenbär bewohnte den Nordwesten Nordamerikas bis nach Alaska und dem Yukon, und zwar im mittleren Wisconsin Interstadial. (dort erreichte er auch seine größte Größe). Das zeigen uns mehrere Radiokarbondaten an Knochen, die sich auf diese Zeit konzentrieren.
Zum Beispiel: ungefähre Radiokarbondaten von Funden des Kurznasenbären Arctodus im Yukon: 44.000 v.h. von einem oberen Fußknochen von Sixtymile, 29.600 v.h. von einem Humerus (Oberarmknochen), den man aus dem gefrorenen Silt (Feinsand, Schwemmsand) am Hunker Creek ausgegraben hat; 26.000 v.h. von dem Schädel eines starken Erwachsenen vom Gold Run Creek; 25.000 v.h. vom Gesicht eines erwachsen Männchens vom Hunker Creek; und 20.000 v.h. mit einem ausgezeichnet erhaltenen Schädel eines erwachsen Weibchens vom Ophir Creek (Abbildung. 3). Das zeigt uns, dass dieser Bär mindestens bis zum Höhepunkt der Letzten Eiszeit in Ostberingien überlebt hat (im nicht vereisten Teil von Alaska, dem Yukon und angrenzende Nordwest Territorien). Die einzigen anderen kanadischen Funde stammen aus den Ablagerungen der mittleren Wisconsin Zeit, von Edmonton, in Alberta und vielleicht aus den Ablagerungen der letzten Zwischeneiszeit in Lebret, in Saskatchewan.
Wahrscheinlich war der große Kurznasenbär ein Einzelgänger, der Aas fraß oder Tiere selbst erbeutete. Nur die Mutter war mit ihren Jungen zusammen, und in der Brunftzeit kamen die männlichen und weiblichen Tiere zusammen. Er war leicht gebaut, sein Nacken war kurz; an seinem Schädel befanden sich Kiefer, die Schraubstöcken ähnelten. Seine Reißzähne waren stark und kurz. Seine Schnauze war breit wie die eines Löwen. All das zeigt mir, dass dieses Tier auf kurzer Strecke schnell laufen konnte, wenn nötig. Und es konnte große Gebiete durchwandern, um nach Beutetieren zu suchen oder nach Kadavern, die es dann auffraß. Der große Kurznasenbär war außerdem das größte und stärkste Raubtier unter den Landtieren des Pleistozäns in Nordamerika. Isotopen-Analysen an Knochen des Kurznasenbären in Alaska und dem Yukon zeigen uns, dass er vorwiegend von Fleisch lebte. Seine Reißzähne standen weit auseinander. Daher konnte er das Beutetier festhalten. Und seine breite Schnauze mag andeuten, dass er gut riechen konnte. Das ist so ähnlich wie bei dem Eisbären, der sich von allen heutigen Bären am meisten von Fleisch ernährt. Arctodus mag sich von großen Pflanzenfressern ernährt haben, indem er ihre Kadaver fraß oder indem er sie selbst erbeutete, wie zum Beispiel: Bison (Tabelle 1), Moschusochse, Karibu, Rotwild, Pferde und Bodenfaultiere.
Arctodus simus ist am Ende der letzten Eiszeit ausgestorben, vielleicht, weil damals einige der großen Pflanzenfresser ausgestorben waren, die er erbeutet hatte oder deren Kadaver er gefressen hatte. Außerdem bereitete ihm die Konkurrenz durch den Braunbären immer mehr Probleme. Der Braunbär ist anscheinend in der Illinoian Eiszeit [von Ostsibirien her] in Nordamerika eingewandert (vor etwa 200.00 bis 130.000 Jahren). Diese Ansicht bezweifelt man jetzt. Denn im Jahr 1995 hat man Futter, das der Kurznasenbär und der Braunbär damals fraßen, und die Umwelt, in der sie damals lebten, näher untersucht. Zwei Radiokarbondaten von Knochen aus Texas und Utah zeigen folgendes Alter an: 12.650 v.h. Ein drittes Datum, mit 11.500 v.h. vom Little Box Elder Höhle, in Wyoming. Das sind die jüngsten Daten, die wir kennen. In dieser Little Box Elder Höhle haben Ursus arctus (der Braunbär) und Arctodus simus (der Kurznasenbär) zusammen gelebt. Das ist die einzige Stelle im südlichen Teil Nordamerikas, wo sie zusammen gelebt haben. Weiter im Norden, im westlichen Teil des Yukongebietes, haben diese beiden Arten (der Kurznasenbär und Braunbär) im Interstadial der mittleren Wisconsin-Zeit gelebt [als es dort keine Eiszeit gab]. Das zeigen uns Radiokarbon-Daten von Knochen des Braunbären, mit etwa 41.000 v.h. und 36.500 v.h.
Tremarctos ornatus, der südamerikanische Brillenbären, ist das nächste lebende Verwandte der ausgestorbenen nordamerikanischen Kurznasenbären.“ - C. R. Harington, Beringian Research Notes Nr. 4. Nordamerikanischer Kurznasenbär (1996-1-49)
Nordamerikanischer Kurznasenbär tötet einen Bisonbullen. Nach: C. R. Harington, Beringian Research Notes Nr. 4, Nordamerikanischer Kurznasenbär (1996). Tabelle 1. Tintenskizze von Bonni Dalzell.
Relativer Größenvergleich von Grizzly, Braunbär und großem Kurznasenbär. Ruth Anne Border, 1988. Von: C. R. Harington Beringian Research Notes Nr. 4, Nordamerikanischer Kurznasenbär (1996). Tabelle 2.
Rechte Seitenansicht von Arctodus simus, Weibchen erst seit kurzer Zeit erwachsen. Beachten Sie bitte das gewölbte obere Profil des Schädels und die kurze Schnauze. (CNM Foto). Von: C. R. Harington Beringian Research Notes Nr. 4, Nordamerikanischer Kurznasenbär (1996). Tabelle 3.
Von: C. R. Harington Beringian Research Notes Nr. 4, Nordamerikanischer Kurznasenbär (1996).
Kurznasenbär: wo gelebt
Palaeoecology and Palaeoenvironments of Late Cenozoic Mammals, redigiert von Kathlyn M. Stewart und Kevin L. Seymour (1996) Universität Toronto Druckerei, Toronto. „Verbreitung und unterschiedliche Größen in nordamerikanischen Kurznasenbären, Arctodus simus“. Von: Ronald L. Richards, C. S. Churcher, William D. Turnbull.
„Die Überreste von A. simus hat man überall in Nordamerika gefunden (außer im Südosten). Sie stammen aus dem mittlerem Irvingtonian und der Rancholabrean Zeit. Kurtén erkannte zwei Unterarten von A. simus: den größeren A. s. yukonensis aus dem Yukongebiet, Alaska und Nebraska und den kleineren A. s. simus im übrigen Teil Nordamerikas. 1996:192)
Die Knochen des Kurznasenbären A. s. yukonensis haben sie auch hier gefunden: in Alaska (im Fairbanks Bereich und am Ikpikpuk Fluss), auf Alaskas Nordabhang, im Brooks Gebirge, nahe der Eismeerküste, und im Yukongebiet (in der Umgebung von Dawson City und im Old Crow Becken, im Norden des Yukongebietes, nahe der arktischen Küste).“ (1996:211)
„An verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten gab es den A. simus in verschiedenen Größen. A. s. yukonensis lebte im Westen Nordamerikas während der Irvingtonian Zeit und fehlte anscheinend im Osten. In der Rancholabrean Zeit war A. s. simus kleiner geworden, im Allgemeinen südlich von dem Gebiet, das vom Wisconsin Eis bedeckt war. Aber in nördlichen Breiten lebten weiterhin Bestände von großen Bären (A. s. yukonensis).
Der Kurznasenbär A. s. yukonensis behielt während der Irvingtonian Zeit weiterhin seine große Körpergröße, während die Tiere der südlichen Populationen kleiner wurden, und zwar in der Ranchelobrean Zeit. Er hat in Alaska wahrscheinlich seine große Körpergröße behalten, zum Teil, weil er mit dem Grizzlybären (U. arctos) konkurrieren musste, der auch zu den Raubtieren gehörte. Die A. s. yukonensis Populationen im nicht vereisten Teil im Innern Alaskas hatten vielleicht mit denen, die südlich der kontinentalen Eisdecke lebten, während eines großen Teils der Wisconsin Zeit Kontakt. Und zwar durch einen „eisfreien Korridor“ (Catto und Mandryk, 1990; Bobrowsky et al., 1993). Burns meint, dass die Tiere nur vor 20.000 bis 14.000 Jahren durch diesen Korridor gewandert sind, der die Eisdecke des Felsengebirges und die Eisdecke, die den östlichen Teil Nordamerikas bedeckte, von einander trennte.
Dann starb ein großer Teil der pleistozänen Magafauna aus. Nun fanden die großen Raubtiere nicht mehr genug zu fressen. Außerdem musste der große Kurznasenbär dort mit dem Braunbären (Ursus arctus) konkurrieren. Deshalb ist der Kurznasenbär dann schließlich ausgestorben.“ (1996:212, 213)
Von: Ronald L. Richards, C. S. Churcher, William D. Turnbull (1996:193) Tabelle 1. Beachten Sie bitte, wo der große Kurznasenbär in Alaska und im Yukongebiet gelebt hat, als das Mammut dort oben graste. Er hat dort nicht nur in den südlichen Teilen Zentralalaskas gelebt (Fairbanks Gebiet, Dawson City, Klondike) sondern auch viel weiter im Norden, nahe der heutigen Eismeerküste: Auf dem Nordabhang Alaskas, im Brooks Gebirge) (Nr. 101) und im Old Crow Becken (Nr. 81-88). Im hohen Norden waren sie genau so groß wie in den südlichen Teilen von Alaska und dem Yukongebiet.
Nördlichster Kurznasenbär
Wo haben sie die nördlichsten Überreste des Kurznasenbären gefunden? Welche anderen Arten von Tieren haben dort oben zusammen mit diesem großen Bär gelebt? In was für einem Klima und auf was für einer Pflanzendecke hat er dort gelebt? War dieser Bär einem arktischen Klima angepasst? Wie groß war er?
Der Forschungsbericht Arctodus, simus vom Nordabhang Alaskas informiert uns darüber. Die folgenden Wissenschaftler haben ihn veröffentlicht: C. S., Churcher, Abteilung Zoologie, Universität von Toronto, Ontario, Kanada. A. V. Morgan, Abteilung Geowissenschaften, Universität von Waterloo, Ontario, Kanada. L. D. Carter, United States Geological Survey, Anchorage, Alaska. In: Canadian Journal of Earth Sciences 30:1007 - 1013 (1993):
„Arctodus simus yukonensis, der ausgestorbene nordamerikanische Kurznasenbär: von dem hat man einen unreifen linken Humerus [Oberarmknochen] gefunden, der noch nicht zusammen gewachsen war, am Ende des Röhrenknochens (proximal epiphysia). Sie haben ihn auf einer Sandbank am Ikpikpuk Fluss gefunden, Alaska (69°41´ Nord, 14°54´ West). Das ist die nördlichste Fundstelle dieses Bären. Dieser Knochen hat ein Radiokarbon-Alter von 27.190 ± 280 v.h. (Iso Trace TO-2539). Dieses Alter liegt in der Zeitspanne, in der Arctodus gelebt hat. Dieser Bär ist größer, als das für diese Tierart üblich ist, obwohl er noch nicht ausgewachsen ist. Es könnte ein Männchen gewesen sein.“ C. S. Churcher et al. (1993:1007)
Einleitung
„Ein linker Humerus [Oberarmknochen] von einem ausgestorbener großen Kurznasenbären (Arctodus simus yukonensis). Man hat ihn auf einer Sandbank des Ikpikpuk Flusses gefunden, 150 Kilometer nördlich des Brooks Gebirges, auf dem Nordabhang Alaskas (Tabelle 2). Dies ist der nördlichste Fund dieser Art. Es ist das größte Raubtier, das im Pleistozän in Nordamerika auf dem Land gelebt hat. Auf den Sandbänken des Ikpikpuk Flusses hat man auch die Überreste dieser Tierarten gefunden: Mammut (Mammuthus primigenius), Bison (Bison sp.) und besonders Pferde (Equus cf. przewalski (= lambei); Forsten 1986). Man findet ihre Knochen dort oft auf den Sandbänken des Ikpikpuk und an anderen Flüssen der nördlichen Ausläufer des Gebirges und im südlichen Teil der arktischen Küstenebene (Guthrie und Stoker 1990).
An diesem Teil des Ikpikpuk Flusses, wo man den Oberarmknochen des Arctodus gefunden hat, hat man auch die Knochen anderer ausgestorbener Tiere gefunden. Sie stammen aus Schichten, die der Fluss dort im jüngsten Teil des Pleistozäns und am Anfang des Holozäns in Senken abgesetzt hat. Heute sind das Steilufer, in denen die Sedimente als Terrassen zutage treten (Carter und Galloway 1988, Nelson et al. 1988). Radiokarbonalter für die Ablagerungen in diesen Steilufern, wo man auf der Sandbank den Oberarmknochen des Arctodus gefunden hat, gibt es nicht. Aber ein ähnliches Steilufer, etwa 2,5 km nördlich von der Stelle, wo man den Arctodus Knochen gefunden hat, enthält pflanzliches Material aus dem Tal, das dort abgesetzt wurde. Am untersten Teil dieser Schicht haben diese Funde ein Alter von über 49.000 Jahren. Und im oberen Teil dieser Schicht befindet sich Holz. Es hat ein Radiokarbonalter von 13.570 ± 120 Jahren (Nelson et al. 1988). Diese Ablagerung kann aus der mittleren bis späten Wisconsin Zeit stammen, und vielleicht auch aus noch älterer Zeit. … Am Fuß dieser Steilufer hat man viele Knochen gesammelt: von Mammut, Pferd und Bison. Viele dieser Knochen sind gut erhalten, wegen des Dauerfrostbodens, der unter dem gesamten Nordabhang liegt, während andere schon zerfielen, bevor sie begraben wurden.
In den Ablagerungen am Ikpikpuk Fluss hat man diese Tierarten gefunden: Mammut sp. Equus cf. przewalski (Pferd), Bison sp. Smilodon neogaeu [Säbelzahn-Katze], Ursus arctos [Braunbär], Ovibos moschatus [Moschusochse], Alces sp. [Elch], Rangifer tarandus [Karibu, Tundra Ren] und Artiodactyla indet (?Saiga tatarica) (Saiga-Antilope). C. S. Churcher hat dort den Ellen-Knochen (Ulna) einer jugendlichen Smilodon (Säbelzahnkatze) gefunden.“ - C. S. Churcher et al. (1993:1007)
Fundstelle 79 Acr 042 am Ikpikpuk Fluss, der die Radiokarbondatum erbrachte, über das Nelson et al. (1988) berichten. Diese Stelle liegt dicht bei der Sandbank, auf der man den linken Oberarmknochen des Arctodus (ROM.VP 43646) gefunden hat. Der Nordabhang liegt zwischen den beiden - - - Linien. Von: C. S. Churcher et al. (1993:10) Bild 2.
Diskussion
„Taxonomie. Man unterscheidet zwei Arten des Arctodus: Arctodus simus und Arctodus pristinus, den westlichen und östlichen Kurznasenbären (Harington 1973). Arctodus simus hat im Nordwesten gelebt, gewöhnlich westlich des Mississippi auf den Hochebenen (Kurtén und Anderson 1980). Sie umfasst zwei Unterarten, A. simus simus für die südliche oder kalifornische Population, und A. simus yukonensis für die Population in Alaska, Kanada und nördliche Prärie. Arctodus pristinus kommt aus dem südöstlichen Teil Nordamerikas und stammt gewöhnlich aus der pre-Sangamon Zeit. A. simus stammt dagegen aus der Sangamon oder Wisconsin Zeit.“ C. S. Churcher et al. (1993:10)
Größe und Anpassung
„Arctodus simus ist das größte quartäre nordamerikanische Raubtier, das auf dem Land lebt. Es war von Alaska bis nach Mexiko verbreitet und vom Atlantik bis zu dem pazifischen Ozean (Harington 1990; Kurtén und Anderson 1980). Arctodus simus ist größer, robuster, und hat eine kürzere Schnauze als A. pristimus. Er hat eine Schulterhöhe von fast 1.5 m, wenn er geht. Und er ist 3,4 m hoch, wenn er aufrecht auf den Hinterbeinen steht (Harington 1991). Er könnte 590-650 kg gewogen haben (Kurtén 1967) oder 620-660 kg (Nelson und Madsen 1983). Die erhaltene Länge des Humerus (Oberarmknochens) (460 mm ohne Epiphysis) und der anteroposteriore (parasagittale) Durchmesser des Schaftes (59,5 mm) ergeben ein geschätztes Körpergewicht von 493 kg. Wenn man 10 mm für den fehlenden Epiphysis dazu rechnet, ergibt eine 470 mm Länge ein Gewicht von 507 kg. Beide dieser Gewichte liegen im Bereich der obigen Gewichte. Das Männchen war etwa 15% größer als das Weibchen.
Die Beine des Arctodus waren vermutlich gerader und seine Füße standen fast parallel zueinander, im Gegensatz zu den krummen O-Beinen und den Zehen von Ursus, die nach innen gedreht sind (Harington 1991). `Der Humerus (Oberarmknochen) [vom Ikpikpun Fluss, nahe der Eismeerküste Alaskas] ist ein sehr großer Knochen und er ist ebenso groß oder noch größer as der Humerus des U. spalaecus [europäischer Höhlenbär], aber er ist viel dünner.“ C. S. Churcher et al. (1993:1010)
Verbreitung
„Arctodus simus war ein Fleischfresser. Er scheint im offenen Land gelebt zu haben, hauptsächlich im nördlichen und westlichen Teil der nordamerikanischen Ebenen. Der Arctodus simus yukonnensis in Alaska, dem Yukon und der nördlichen Prärie ist größer als A. simus simus, der im Süden und Südwesten gelebt hat. Deshalb gibt es zwischen diesen beiden Gruppen einen Übergang: Je weiter man nach dem Süden und den südlichen Teil im Innern Nordamerikas kommt, umso kleiner werden sie. Arctodus pristinus bewohnte den Südosten. Er war noch kleiner und hat dort noch früher gelebt, wahrscheinlich schon vor Arctodus simus.“ C. S. Churcher et al. (1993:1010).
Wann sie dort gelebt haben
„Ein Humerus (Oberarmknochen) aus gefrorenem Silt (Schwemmsand) im unteren Hunker Creek, nahe Dawson City, Yukongebiet, erbrachte das älteste begrenzte Radiokarbondatum für Arctodus von 29.600 ± 1200 v.h. (I-11037) Harington (1980). Aus Alaska ist für Arctodus kein Datum vorhanden. Von Alaska haben wir keine Daten, obwohl pleistozäne Funde aus dem Kies bei Fairbanks und vom Tanana Fluss und von anderen Stellen bekannt sind. Andere Funde im Norden stammen vom Gold Run Creek (Harington 1977; Lambe 1911) und Old Crow Becken, Yukongebiet (Harington 1977) und Lebret, Saskatchewan (Harington 1973, 1990) (vielleicht 130.000 bis 80.000 v.h. oder Sangamon).
Die bekannten Daten konzentrieren sich in zwei Zeiträumen, der eine von 32.000 – 26.000 v.h. (4 begrenzte Daten) und der andere von 13.500 – 10.000 v.h. (8 begrenzte Daten. Die Lücke dazwischen scheint die Eiszeit der späten Wisconsin Zeit zu sein. Das Datum vom Ikpikpuk Fluss von 27.190 ± 280 v.h. fällt in diese Gruppe.“ C. S. Churcher et al. (1993:1011, 1012)
Zusammenfassung
„Man hat den linken Humerus (Oberarmknochen des ausgestorbenen nordamerikanischen großen Kurznasenbären Arctodus simus yukonensis am Nordabhang Alaskas auf einer Sandbank des Ikpikpuk Flusses gefunden. Das ist die nördlichste Stelle, an der man die Überreste dieses Bären gefunden hat. Dieser Bär war noch nicht ganz erwachsen. Das zeigt uns das obere Ende des Oberarmknochens, der fehlt. Dieser Bär war größer als die meisten seiner Art, obwohl er noch nicht erwachsen war. Es scheint ein Männchen gewesen zu sein. Dieses Tier hat ein Radiokarbon-Alter von 27,190 ± 280 v.h. Es hat in der Zwischeneiszeit (interstadial) der mittleren Wisconsin Zeit gelebt. Radiokarbon-Daten von Überresten des A. simus kennt man von zwei Perioden, 32.000 – 26.000 und 15.000 – 10.000 v.h.“ C. S. Churcher et al. (1993:1012)
Die Säbelzahn-Katze Homotherium serum mit einem Dall-Schaf-Widder im oberen Pleistozän in Alaska. Nach: Mauricio Antón und Alan Turner The Big Cats 1997 Tafel 10.